Illustration: Jagdmagazin Pirsch
Ein wenig Stolz war ich schon, als vor einigen Monaten das Jagdmagazin Pirsch mich darum bat, meinen bereits auf dem Jagdblog erschienen Beitrag mit dem Thema
" Naturschutzverbände und Jagdverbände - zwei Welten prallen aufeinander" exklusiv in der Pirsch abdrucken zu dürfen.
Für einen Blogbetreiber ist dies insofern eine Ehre, da die
Blogosphäre, wie allgemein die bloggenden Publizisten, ihre Internetportale und ihr soziales Netzwerk genannt werden, in der Regel von den ethablierten Printmedien ignoriert werden. Erst wenn eine Kontinuität an Beiträgen erkennbar wird und sich dadurch hohe Zugriffszahlen vermuten lassen, kommt es zur Verlinkung auf die Onlineportale der Printmedien oder zum Abdrucken der Blogartikel in den Printausgaben.
Doch als ich die aktuelle
Ausgabe der Pirsch 3/2013 in den Händen hielt, das Editorial las und kurz darauf die ersten emails im Emailordner erschienen, war es erst einmal vorbei mit meiner Begeisterung.
In einer dieser email hieß es wörtlich, Zitat:
"Sehr geehrter Herr Fügner,
Glückwunsch zu Ihrem Artikel in Pirsch und alle Achtung vor Ihrem Mut,
Ihrer Zivilcourage - oder aber vielleicht auch zu Ihrer Naivität??
Ich weiß nicht, welchem Landesjagdverband Sie angehören. Aber sollte es
der LJV x (Name des LJV ist mir bekannt) sein, müssen Sie sich auf etwas gefaßt machen. Ich weiß
wovon ich rede..."
Und danach folgten gleich mehrere emails, in denen mich besorgte Blogleser vor den wörtlich "Gefahren" warnten, in die ich mich begebe, wenn ich die Jagdverbände offen kritisiere.
Doch auch das Editorial der Pirsch 3/2013 gab mir zu denken. Dort weist der Chefredakteur in vorauseilender Berichterstattung die zu erwartende Beschimpfung als Nestbeschmutzer energisch von sich.
Zitat:
"Die einen werden uns als Nestbeschmutzer beschimpfen, die anderen werden sagen: Endlich schreibt´s mal einer"
Bei solchen Ängsten vor der Übermacht unserer Jagdverbände fragt sich ein freier Publizist:
"Ja wo leben wir eigentlich?"
Würde ein ausländischer Journalist diese Zitate vorgelegt bekommen, ohne zu wissen, aus welchem Land sie stammen, er würde glauben, diese Menschen leben in einer Diktatur, in denen die
Presse- und Meinungsfreiheit nur auf dem Papier exitiert und nur Todesmutige es wagen, die Obrigkeit zu kritisieren.
Natürlich existiert in Deutschland nur bedingt die Pressefreiheit. Mit Hilfe kostenpflichtiger Abmahnungen, anglizistisch
"law hunting" genannt, die sich immer wieder auf die gleichen strafbaren Handlungen der
üblen Nachrede oder der
Beleidigung berufen, haben schon viele Konzerne und Organisationen Journalisten den Mund verboten und in den wirtschaftlichen Ruin getrieben. Strafbare Handlungen, die es im übrigen nur in Deutschland in dieser Form gibt.
Ich werde also mit Spannung abwarten, ob ich den Straftatbestand der Beleidigung erfüllt habe, weil ich die Jagdverbände mit überdimensionierten Kleintierzüchtervereinen gleichstellt habe.
Doch was ist es, dass so viele Menschen eine derartige Furcht vor der Macht der Verbände haben?
Politologen sprechen von Deutschland gerne auch vom "Verbändestaat Bundesrepublik Deutschland" . Krakenartig überziehen sie das Land. Kaum eine Entscheidung auf politischer Ebene, in der sie nicht mittels ihre Machtfülle die Partikulärinteressen ihrer Mitglieder durchsetzen. Zu Vollkommenheit ihrer Macht bedienen sie sich gerne der Zwangsmitgliedschaft, die ihnen dann ohne Akquise üppige Beitragseinnahmen garantieren.
Zwar verfügen die Jagdverbände nicht über das Instrument der Zwangsmitgliedschaft, aber mit einem Organisationsgrad von annähernd 80% der Jäger sind sie ohne jede Konkurrenz.
Und genau in dieser Konkurrenzlosigkeit liegt das Problem der Jagdverbände. Zwar geben sie sich nach außen demokratisch und behaupten, ihre Vorstände frei zu wählen, doch die Realität sieht anders aus.
Nach einer Kungelrunde wird den Delegierten ein Kandidat präsentiert, den sie dann "wählen" dürfen. Gegenkandidaten gibt es keine.
Nun nimmt es die deutsche Sprache in vielen Dingen sehr genau und das ist auch gut so. Deshalb ist hier die Wortwahl entscheidend. Bei der "Wahl" von Vorständen, wie es die Jagdverbände zelebrieren, sprechen Politologen von einer
Ernennung, erst wenn die Delegierten sich zwischen mehreren Kandidaten entscheiden können, spricht man von
Wahlen.
Damit dem einfachen Volk diese weiche Form demokratischen Handelns nicht auffällt, hat man in den Verbänden (und Parteien) auch gleich die Richtigen Begriffe zur Hand. Eine Ernennung, also die Wahl ohne Gegenkandidaten wird in sochen Institutionen euphemistisch "Friedenswahl" genannt. Hingegen die echten Wahl mit Gegenkandidaten, die tunlichst zu unterbleiben hat, erklärt man hier kriegerisch zur "Kampfabstimmung".
Schon bei der Wahl dieser Begrifflichkeiten wird klar, dass man es hier bestenfalls mit einer Form der "Demokratie light" zu tun hat.Von den Begriffen "Basisdemokratie" und "Mitgliederbefragung" ist man meilenweit entfernt.
Auch zeigt der Beitrag des Unternehmensberaters Wilhelm Treiber in der Pirsch 3/2013 unter der Überschrift: "Innen hui - außen...?", zum Thema Reform der Jagdverbände, dass zum Demokratieverständnis moderner Organisationen wie NABU und BUND die Offenlegung der Mittelverwendung gehört. Für diese Wettbewerbsverbände, denen wir Jäger uns stellen müssen, ist die Offenlegung der Mittelverwendung selbstverständlich und ein Teil ihres basisdemokratischen Verständnisses. In den Jagdverbänden, so konnte man dort lesen, ist man gerade mal dabei, die Offenlegung der Mittelverwendung zu planen.
Da braucht es niemanden zu wundern, wenn der Volksmund gerne statt von Vorständen von "Verbandsfürsten" spricht. Historisch gesehen aber steht ein Fürst nicht für Basisdemokratie und freie Wahlen, sondern mehr für Machtkonzentration, Hofschranzentum und Willkür.
Schon der große Reformer Martin Luther forderte den dekadenten Klerus des Mittelalters auf, "dem Volk aufs Maul zu schauen", denn in des Volkes Unmut liegt der Schlüssel zu den notwendigen Reformen.
Nachdem die Pirsch 3/2013 bei den Abonnementen eintraf, startete im Landlive Forum eine Diskussion unter der Überschrift
"Mehr Professionalität". Einige fundierte Beiträge zeigen, dass das einfache Jägervolk sehr wohl weiß, wo angesetzt werden muss, um unsere Jagdverbände zukunftsfähig zu machen.
Und auch wenn viele Jäger nun die Autoren und Journalisten der Pirsch als Nestbeschmutzer beschimpfen, wir Jäger werden um eine Reform unserer Verbände nicht herumkommen. Es geht uns Kritikern nicht darum, die Jägerschaft im ganzen zu diskreditieren, auch wenn man uns dies gerne angedichtet möchte, sondern wir appellieren an die verantwortlichen Verbandsfunktionäre, die notwendigen Reformen endlich anzufassen und umzusetzen.
waidmannsheil
Euer
stefan