2.2.09

Manfred Weindl vom BJV greift den ÖJV scharf an

Auslöser einer immer mehr ausufernden öffentlichen Diskussion ist der Tod des zahmen Rehs "Felix" anlässlich einer Bewegungsjagd.
Den Bericht des Onlinemagazins des Bayerischen Rundfunks zum "Fall Felix" kann man hier nachlesen.

Doch der Vorfall wird immer mehr zu einem offenen Schlagabtausch zwischen den beiden Jagdverbänden, dem Ökologischen Jagdverband (ÖJV) und dem Bayerischen Jagdschutzverband (BJV).

Der Bezirksvorsitzende des BJV, der Tierarzt Manfred Weindl, nimmt den Vorfall zum Anlass, seinem Unmut über die Art der Bejagung und die Einstellung zum Wild des ÖJV öffentlich anzuprangern.

Ein jahrelange Tabuisierung der Diskussion über völlig unterschiedlichen Interessen der beiden Verbände scheint voll entbrannt.

waidmannsheil

Euer

stefan

Die vollständige Stellungnahme des BJV Bezirksvorsitzenden zum Vorfall "Felix" kann man im Onlineportal Chiemgau nachlesen.



Traunstein: "Felix starb vielleicht nicht ganz umsonst"


BJV-Bezirkschef Weindl übt nach Rehkitz-Tragödie Kritik am Ökologischen Jagdverband - Wildgegner wollen "möglichst effektives Töten"


Traunstein (kd). Der Tod des zahmen Rehkitzes "Felix" nach einer Bewegungsjagd im Dezember im Staatsjagdrevier am Hochberg in Traunstein zieht immer weitere Kreise. Jäger schossen damals dem mit rotem Signalhalsband versehenen Jungtier den Unterkiefer weg und verwundeten es am Rücken. Sein 67-jähriger Besitzer Anton Krammer, der das halbverhungerte Tierbaby im Sommer 2008 mit seiner Enkelin aufgezogen hatte und in dessen Hof das von Hunden gehetzte Böcklein noch hatte flüchten können, musste "Felix" mit einem Genickschuss erlösen (wir berichteten).

Zahlreiche Bürger, viele selbst Jäger, protestierten seither gegen den sinnlosen Tod von "Felix" - auch bei Manfred Weindl, dem oberbayerischen Bezirksvorsitzenden des Bayerischen Jagdverbands (BJV). Weindl: "Nahezu täglich werde ich aus ganz Bayern auf das Schicksal von ,Felix' angesprochen - mit der Forderung, dass so etwas nicht mehr passieren darf."

Das zahme Kitz sei "Opfer von Missständen" geworden, die der BJV abschaffen wolle, so der Bezirkschef. Es gehe um eine kleine Gruppe von Wildgegnern, zusammengeschlossen im "Ökologischen Jagdverband" (ÖJV). Manfred Weindl, verantwortlich für 14000 oberbayerische Jäger in 42 Kreisgruppen, umreißt dieGrößenverhältnisse. Der BJV habe bayernweit 45000 Mitglieder, der ÖJV zirka 300. In einer Art privatem Verein hätten sich einige Forstamtsleiter mit untergebenen Förstern zusammengetan. Einziges Ziel sei, "das Wild möglichst rasch aus der Welt zu bringen" - gemäß dem Motto "Wald vor Wild".

Der 59-Jährige verweist auf vom ÖJV veröffentlichte Zitate wie: "Jedes Reh, das man sieht, muss getötet werden. Es werden immer noch genügend da sein", "Nur ein totes Reh ist ein gutes Reh" und "Das Reh ist die Mähmaschine des Waldes, auf die es blaue Bohnen hageln muss". Grotesk sei es angesichts solcher Sätze, dass ein früherer Forstamtsleiter den ÖJV in einem Leserbrief vor wenigen Tagen als "außerordentlich tierschutzfreundlich" bezeichnet habe. Weindl, im Zivilberuf Tierarzt und seit 25 Jahren stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins Berchtesgaden: "Wenn ich alles gegen Tiere unternehme, kann von Tierschutz keine Rede sein. Diese Leute wollen die Waidgerechtigkeit abschaffen. Sie gehen mit dem Wild um wie mit Ungeziefer." Der Personenkreis nutze Amt und Stellung geschickt für seine Jagdmethoden: "Sie verfolgen ein möglichst effektives Töten von Reh-, Rot-, Schwarz- und Gamswild und versuchen das Jagdgesetz zu ändern, um Hindernisse, die beim Töten stören, zu beseitigen." Der BJV-Bezirkschef gibt Beispiele: So solle die Schonzeit für Rehböcke ab 15. Oktober aufgehoben, die Wildfütterung in Notzeiten eingestellt, die Hegeschauen als Kontrollmöglichkeit für Wildentwicklung abgeschafft, der Schrotschuss auf Rehwild erlaubt und verbotene technische Hilfsmittel für die Jagd bei Nacht zugelassen werden.

Ein Anliegen Weindls ist die Art der Jagd. Eine waidgerechte "Bewegungsjagd" übten wenige Jäger mit zwei bis drei "niederläufigen" Hunden wie Dackel, Terrier, Wachtelhund oder Spaniel aus: "Solche Hunde jagen allein und vor allem laut. Sie stöbern das Wild auf, sind aber zu langsam, um es zu hetzen." ÖJV-Leute gingen dagegenhäufig anders vor: "Sie laden 30 bis 40 Schützen ein mit 30 bis 40 Hunden. Die oft hochläufigen Hunde bilden Rudel und jagen wie die Wölfe - oft stumm. Das Wild wird gehete zt, manchmal gefangen und zerfleischt. Der BJV sagt, wildernde Hunde gehören erschossen. Gleichzeitig aber wildern solche Hunde während einer Jagd. So etwas ist kein Kavaliersdelikt, sondern ebenfalls Wilderei." Außerdem komme gehetztes Wild sehr schnell, erläutert Weindl. Ein "Ansprechen", ein gezielter Schuss seien nicht mehr möglich. "Die ÖJV-Leute schauen meist nur auf die Jagdstrecke. Dadurch sind Fehlschüsse vorprogrammiert", kritisiert der BJV-Funktionär. "Ein anständiger Jäger würde niemals auf ein hochflüchtiges Tier schießen. Das Risiko ist viel zu groß - siehe ,Felix'." Und: Dem BJV gehe es auch um die Qualität des Wildbrets. Der hohe Adrenalinausstoß eines gehetzten Tieres mindere die Fleischqualität. Bei den früheren Forstämtern sei "ziemlich egal" gewesen, ob ein Tier verwertbar war oder nicht: "Wild wurde teils weggeworfen oder an Hunde verfüttert. Niemand aber wurde zur Rechenschaft gezogen." Bei den jetzigen Forstbetrieben sei ein "erfreuliches Umdenken" zu beobachten, so Weindl. Inzwischen sei sogar festgeschrieben, dass die Jagd im Forstbetrieb "vorbildlich" erfolgen muss.

Als "Anwalt des Wildes" verstehe er sich - so der Bezirksvorsitzende. Das Wild sei lange Zeit für die Misswirtschaft durch den Staat mit Fichtenmonokulturen verantwortlich gemacht worden. Der angebliche "Walderhaltungsverein" ÖJV schiebe die Schuld für die "Entmischung des Waldes" auf das Wild - "was nicht den Tatsachen entspricht". Der BJV, der einzige anerkannte Jagdverband im Freistaat und Ansprechpartner der Politik in allen Jagdangelegenheiten, sei sich der Verantwortung für einen artenreichen Mischwald längst bewusst. Die Fläche der Privatwälder sei deutlich höher als die der Staatswälder. "Die Reduktion des Wildes ist erforderlich. Sie muss aber auf anständige Art und Weise erfolgen." Das Motto dürfe nicht lauten "Wald vor Wild", sondern "Wald und Wild". Weindl: "Das angestrebte Waldbild ist auch durch verantwortungsvolle Jagd zu erreichen. Wir dürfen das Wild nicht nur als Schädling sehen. Es hat genauso ein Lebensrecht wie Pflanzen. Unsere jagdliche Tätigkeit erschöpft sich nicht im Totschießen des Wildes. Wir wollen verantwortungsvoll und nachhaltig jagen - so dass unsere Nachkommen noch Wild sehen und erleben können.

Zu "Felix" hat der Bezirksvorsitzende eine klare Meinung. Rein rechtlich sei den Schützen kein Vorwurf zu machen - "weil Wild dem Jagdrecht unterliegt". Das habe die Rechtsabteilung des BJV überprüft. Weindl fügte an: "Das jagdliche Handeln aber ist ethisch wie moralisch auf das Schärfste zu verurteilen. ,Felix' wurde nicht ordentlich angesprochen, bekam zwei nicht waidgerechte Treffer. So tragisch der Tod von ,Felix' war, so starb er vielleicht im Sinn einer künftig noch verantwortungsvolleren Jagdausübung - und zwar von allen Jägern."


Update:

Um die Stellungnahme des ÖJV zu den Vorwürfen des BJV zu lesen, bitte hier klicken.


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