20.5.08

Das Jungjägerseminar aus Sicht eines Teilnehmers

Als sich die ersten Teilnehmer zum Jungjägerseminar des Jagdvereins Lehrprinz e.V. anmeldeten, war es nicht nur Vorfreude auf einige Jagdtage. Ein wenig Lampenfiber hatte ich schon, als ich nach Usedom aufbrach und mir die Leitung des ersten Jungjägerseminars bevorstand.

Doch die Eindrücke dieses Seminars lassen sich am Besten von einem Teilnehmer selbst schildern.

Hier der erste Bericht über das Jungjägerseminar auf Usedom von Uwe Paschedag

waidmannsheil


Euer


Stefan


Jungjägerseminar auf Usedom vom 14.5-18.5.2008

Als Jungjäger eine erste Jagdmöglichkeit zu finden, ist nicht einfach. Insbesondere dann nicht, wenn man ursprünglich aus der Stadt kommt und keine Personen mit jagdlichem Bezug in der Familie oder im Freundeskreis hat und wenn die Kriegskasse nicht prall gefüllt ist, um sich mal eben für ein paar Tausend Euro einen Begehungsschein zu kaufen.

Dies war die ernüchternde Erfahrung, nachdem ich im Mai 2007 die Jägerprüfung bestanden hatte und erwartungs- und hoffnungsvoll in den örtlichen Hegering eingetreten war. Und aus den wenigen Hoffnungsschimmern, die sich im Laufe der nächsten Monate ergaben, wurde leider nichts. Zum Jahresende gab es dann aber doch eine Einladung zu einer Drückjagd in einem kleinen Waldrevier, die zwar für alle erfolglos verlief, mir aber erstmals Gelegenheit bot, meinen schönen alten Drilling auszuführen. Außerdem durfte ich danach noch ein paar mal alleine in dem Revier ansitzen. Viel Wild erschien dabei nicht auf der Bühne, doch die 2 oder 3 Stücke Rehwild, die ich insgesamt bei den rund 10 Ansitzen sah, reichten aus, mir zu zeigen, wie schwierig es ist, Wild in der Praxis anzusprechen um innerhalb von Sekunden zu einer zweifellos richtigen Entscheidung zu kommen. Ebenso das Aufbrechen und Versorgen von erlegtem Wild hatte ich zwar im Rahmen der Vorbereitung auf die Jägerprüfung in der Theorie gelernt, dies praktisch umzusetzen ist aber etwas ganz anderes. Im Februar dann mit dem Hegering zu einer Taubenjagd – das war’s soweit erst mal. Und mit dem Wissen um mein Unwissen einen Jagdurlaub oder ein Jagdwochenende zu buchen, wäre mir viel zu peinlich gewesen. Mir wurde also klar, dass ich ohne praktische Anleitung, wie es normalerweise üblich sein sollte, nicht weiter kommen würde.

Und dann fand ich im Jagdblog im März den Hinweis auf die Gründung des Vereins Lehrprinz e.V. und das Jungjägerseminar. Das kam wie gerufen – denn es versprach die Lösung meines Problems. Der Lehrprinz e.V. hatte offenbar genau diesen Missstand erkannt und wirkt dem durch seine Zielsetzung und das Programm entgegen.

Also schnell Kontakt zum Vorsitzenden Stefan Fügner aufgenommen und das erstmals stattfindende 5-tägige Seminar auf Insel Usedom fest gebucht. Zu einer angemessenen Kostenerstattung sollte es die Jagd auf einen geringen Bock per Ansitz und Pirsch täglich morgens und abends unter Anleitung mit allem, was dazu gehört, enthalten. Außerdem tagsüber die Ausbildung von Jagdhunden und ggf. Unterweisung im Jagdhornblasen. Unterkunft und Verpflegung ebenfalls inklusive.

So wartete ich mit Spannung auf den 14. Mai, an dem es losgehen sollte. Dann, 4 Wochen vor Seminarstart, erhielten wir zuhause Rudelzuwachs in Form eines 2 ½ Jahre alten Golden Retrievers, der bislang leider nicht viel Erziehung genossen hatte. Ihn während des Seminars zuhause zu lassen wäre unmöglich gewesen. Also kurz Seminarleiter Stefan Fügner kontaktiert, ob ich unseren 33 Kilo Rüpel denn wohl mitbringen könnte. Stefan stimmte sofort zu, was sich auch später noch als „Gold wert“ herausstellen sollte.

Mittwochmorgens am 14. fuhr ich mit meinem Halbstarken dann also ab in Richtung Usedom und kam um 17 Uhr an.

Gerade eingetroffen und vorgestellt, ging es auch schon gemeinsam mit Bodo - einem weiteren Seminarteilnehmer, Stefan und Uli vom Verein Lehrprinz und Herrn von Rochow als Jagdleiter in dessen erstaunlich geländegängigem VW-Bus los in das über 700 ha große Jagdrevier am Peenestrom, das nicht landwirtschaftlich genutzt wird und schon beim ersten Anblick atemberaubend erschien. Die weit überschaubare und abgelegene Hügellandschaft mit Mischwald, Bauminseln, Büschen, Wiesen und Bächen bietet wohl dem Wild alles in Hülle und Fülle, was es braucht.

Zusammen mit Herrn von Rochow besetzte ich eine Kanzel an einer Waldschneise. Und was wir bei diesem ersten Abendansitz bereits sahen, dürfte wohl manch einem Jäger sein Leben lang verwehrt bleiben. Insgesamt wohl an die 14 Stücke Rotwild wechselten nach und nach aus dem Waldrand zum Äsen auf die Lichtung und wieder zurück. Zwischendurch sah ich einen recht großen Greif in einem Baumwipfel verschwinden. Beim Blick durch das Fernglas wollte ich meinen Augen kaum trauen. Ein adlerförmiger Kopf, gelbe Ständer – tatsächlich: ein Seeadler (!), wie mir Herr von Rochow bestätigte. Rehwild sah ich an diesem Abend nicht, aber das sollte sich in den folgenden Tagen ändern. Bodo und Stefan hatten auf Ihrer Kanzel Rehwild bestätigt und auch Uli, der das Wild mit der Kamera schießt, hatte Rehwild gesehen.

Zurück in Heringsdorf konnte ich dann erst mal unser komfortables Quartier in Form einer ausgezeichnet ausgestatteten Wohnung im Haus von Herrn Rochow beziehen und nach einer Stärkung wurde es auch schon Zeit für die Nachtruhe, um für den Morgenansitz, der Aufstehen gegen 4 Uhr bedeutete, wieder fit zu sein.

Nach dem Morgenansitz auf einer anderen Kanzel, bei der wir wieder Rotwild, aber auch Rehwild ansprechen konnten, gab es dann erst mal ein ausgiebiges Frühstück.

Im Anschluss ging’s gemeinsam mit Bodos kleiner Münsterländer Hündin Casie, Stefans Deutsch-Kurzhaar Joe und meinem Halbstarken Golden Retriever Bobby raus ans Achterwasser zwecks Hundeausbildung. Während Casie schon auf Abi-Niveau ausgebildet ist und Joe noch mit Konzentrationsschwächen und seiner eigenen Energie zu kämpfen hat, musste mein Rüpel erst mal in die Grundschule. Als erfahrener Hundeausbilder erkannte Stefan ziemlich schnell Bobys Schwächen und Stärken und mit seiner Unterstützung gelang es schnell, ihm grundsätzliche Manieren bei zu bringen, was die 6 vorherigen Besitzer dieser armen und doch so wunderbaren Fellnase vorher nicht zu Stande gebracht hatten. Drill Sergeant Stefan stellte fest, dass Boby nicht aus der Zucht-Richtung der Show-Linien, sondern aus einer Arbeitslinie kommt und dementsprechend gefordert werden muss. Insgesamt konnte ich viele Tipps über Bobys richtige Ausbildung mit nehmen. Seit dem Seminar habe ich als Nebeneffekt quasi einen anderen Hund und auch ein anderes Verständnis für meinen Vierläufer.

Nach der mittäglichen Hundeschule gab’s dann noch eine kleine Ruhepause für alle und nach einer Stärkung bereiteten wir uns schon wieder für den Abendansitz vor. Dieser Rhythmus wurde im Großen und Ganzen über den ganzen Zeitraum beibehalten.

Bei jedem Besuch im Revier wurde eine andere viel versprechende Kanzel belegt, in deren Nähe im Vorfeld außerhalb der eigenen Schussentfernung Wild angesprochen werden konnte. Und bei jedem Ansitz gab es vielfältig Wild zu sehen. Rehwild, Rotwild, Schwarzwild, Fuchs und Hasen zeigten sich regelmäßig auf der Bühne und auch der Seeadler ließ uns nicht alleine. Überhaupt war auch die Artenvielfalt der gefiederten Einheimischen beachtlich.

Die Zusammenstellung der Seminarteilnehmer/Lehrprinz-Teams wechselte dabei immer wieder ab, so dass möglichst viel Wissen und Erfahrungswerte vermittelt werden konnte. Und wenn der Ansitz mal nicht so viel brachte, dann gings eben auf die Pirsch, denn auch das will unter Berücksichtigung vielfacher Faktoren wie auch das Verhalten auf dem Hochsitz gelernt sein.

Neben dem Ansitz und der Pirsch lernten wir durch „learning by doing“ im Revier von Herrn von Rochow aber auch Praktisches z.B. über das Anlegen einer Sauenkirrung und eines Wildackers und über den Bau von Ansitzeinrichtungen.

Am Freitag am frühen Abend hatten wir dann Gelegenheit, ein weiteres Revier im Landesinneren kennen zu lernen, das landwirtschaftlich genutzt wird und in dem es in einem Maisschlag starken Wildschaden durch Schwarzwild gibt. Der klare blaue Himmel ließ für nachts auf gutes Vollmondlicht hoffen, so dass dem Ansitz auf Rehwild in diesem Revier ein spannender Nachtansitz am Feldrand auf die schwarzen Koffer folgen sollte. Leider machte uns das Wetter aber dann doch einen Strich durch die Rechnung, denn dunkle Wolken ließen später nicht das erforderliche Mondlicht für einen nächtlichen Ansitz auf Schwarzkittel durch. Jedoch wurden mein Lehrprinz Stefan und ich Zeugen eines ungewöhnlichen Naturschauspiels, als plötzlich ein Reh ein anderes über die Bühne jagte. Spontan gingen wir von einem Bock aus, der jahreszeittypisch einen Jährling aus seinem Revier vertreibt und ich hatte schon fast meinen schönen alten Drilling im Anschlag, als Stefan erkannte, dass es ein Bock war, der eine Ricke trieb – wie in der Paarungszeit - und das schon im Mai!

Da der Nachtansitz also ausfiel, konnten wir am Samstagmorgen wieder in das Revier auf Usedom, wo wir in den Tagen zuvor ja nun schon das eine oder andere Reh als „passend“ angesprochen hatten. Für Bodo sollte dies, da er bereits am Samstag abreisen musste, schon die letzte Möglichkeit sein, seinen ersten Jährling zu erlegen, doch das Jagdglück war nicht auf seiner Seite.

Ich selbst konnte zusammen mit Herrn von Rochow als Lehrprinz auf dem Pirschgang ein Schmalreh ansprechen, das friedlich auf einer Lichtung äste. Dieses Schmalreh hätte ich ohne weiteres strecken dürfen, jedoch hatte ich ja noch etwas Zeit und so ließ ich in der Hoffnung auf einen kleinen Trophäenträger den Finger gerade und wünschte dem Schmalreh einen schönen Tag.

Für Bodo wurde es am Vormittag dann schon Zeit für die Heimreise, nachdem die Bereifung seines Wohnanhängers wieder unter tatkräftiger Mithilfe von Stefan fit gemacht war. Viel zu schnell war das Seminar rum gegangen und gern hätte man noch mehr Zeit zusammen verbracht, um auch noch mehr spannendes Wissen aufnehmen zu können.

Nach einem nachmittäglichen Ausflug mit den Fellnasen Bobby und Joe und Drill Sergeant Stefan über die Strandpromenade unter Lerneinheiten und Austoben am Strand wurde es nach einer anschließenden zünftigen Stärkung schon Zeit auch für meinen letzten Abendansitz.

Herr von Rochow schlug vor, noch mal das Revier im Landesinneren zu wählen, da er dort einige Zeit zuvor gleich ein paar Rehböcke gesichtet hatte, von denen sicher einer der Richtige sei. Denn in dem großen Revier schien das Geschlechterverhältnis beim Rehwild aktuell stark in Richtung Ricken zu tendieren, was dort die Chancen schlechter erscheinen ließ. Der verregnete Nachmittag versprach dabei die günstigste Voraussetzung zu sein, dass das Rehwild auch tatsächlich auf die Lichtung heraustreten würde. Durch die eng werdende Zeit in Kombination mit den günstigen Voraussetzungen war die Erwartungshaltung dann natürlich bei allen hoch.

Doch man kann Diana nicht zwingen und so sollte uns das Jagdglück an diesem Abend auf der Kanzel versagt bleiben. Das Rehwild ließ sich nicht sehen, allein eine Fähe schnürte über die schöne abgelegene Lichtung. Doch auch dieser Ansitz war lehrreich, denn warum war es wohl eine Fähe? Und warum geht man wohl ausgerechnet mittig über die Lichtung auf den Hochsitz zu? Als wir den Ansitz abbrachen, weil es zu dunkel wurde, um Wild noch richtig ansprechen zu können, sahen wir in einiger Entfernung noch ein Stück Kahlwild in der Waldinsel verschwinden, das wohl in der Wiese gelegen hatte.

Herr von Rochow sammelte uns dann mit seinem Bully wieder auf und auf der Rückfahrt ins Quartier machten sich bei mir dann doch die vielfältige Aktivität und der wenige Schlaf der letzten Tage bemerkbar, die im übrigen wie im Flug und viel zu schnell vorüber gegangen waren. Im Quartier angekommen, überließ man mir die Entscheidung für oder gegen einen letzten Morgenansitz. Da Lehrprinz Stefan und unsere hilfreiche Hand Uli und ich aber am kommenden Sonntag noch hunderte von Autobahnkilometern vor uns haben sollten und wir alle eh schon ziemlich geschafft war, siegte die Vernunft bei der Entscheidungsfindung, so dass ich dem Ausschlafen Vorrang einräumte. Dies sollte sich auch als unbedingt richtig erweisen.

Am nächsten Morgen gings also nach einem ausgiebigen Frühstück und der Verabschiedung auf die Heimreise. Übrigens auch ohne Abschuss nicht ohne Trophäe, denn auf einem der Reviergänge hatte ich eine Abwurfstange gefunden.

Herr von Rochow bedauerte, dass wir nun leider keinen Erfolg gehabt hätten, doch dem musste ich widersprechen. Denn erfolgreich war das Seminar für uns Jungjäger auf jeden Fall, ein erster Abschuss hätte lediglich den krönenden Abschluss ausgemacht.

Die Zielsetzung des Seminars und meine Erwartungen wurden auf jeden Fall erfüllt und teilweise auch weit übertroffen. Nie hätte ich mit einer so großen Wilddichte und Artenvielfalt gerechnet. So konnte natürlich das Ansprechen von Wild optimal geübt werden und es wurde niemals langweilig, weil es immer etwas Neues zu Lernen gab.

Wie bereits erwähnt, machte für mich persönlich auch die Hundeausbildung unter der erfahrenen Führung Stefans einen entscheidenden Teil des Tagesablaufs aus, so dass ich am Ende tatsächlich einen anderen Hund mit nach Hause nehmen konnte.

Durch die Vielzahl der Aktivitäten von früh morgens bis spät abends blieb nur leider kaum Zeit für einen schönen geselligen Teil am Abend. Schade vor allem, weil die Chemie der Gruppe stimmte und es in gemütlicher Runde bei einem guten Tropfen sicher auch noch viel zu erzählen gegeben hätte. Aber das Seminar fand ja erstmals statt und so galt es für alle, zunächst erst mal Erfahrungen zu sammeln. Und auch wenn es nur ein Nebenaspekt des Seminars war, den ersten Rehbock hätten wir schon ganz gerne für uns verbucht – und den kriegt man eben nur im Revier - und nicht beim Bier.

Ein weiterer positiver Aspekt gerade für mich als Jungjäger ohne gute jagdliche Verbindungen sind die sicher nicht zu unterschätzenden Kontakte, die sich durch solch ein Seminar ergeben.

Für mich steht auf jeden Fall fest, das ich die Seminare des Lehrprinz e.V. regelmäßig frequentieren werde, bis ich mich fit fühle – denn es gibt noch viel zu Lernen. Prädikat: ausgesprochen empfehlenswert

Ein großes Dankeschön für Ihre unermüdlichen Bemühungen, uns mit dem ganzen notwendigen „Drumherum“ zu versorgen und uns die Seminarinhalte zu vermitteln möchte ich abschließend an unsere beiden Lehrprinzen, Stefan Fügner und Hubertus von Rochow richten und auch an Ulrich Döring, der das ganze Seminar hilfreich begleitet hat.

U. Paschedag, Warstein


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schön geschrieben.

Schade nur, dass der Hund jetzt wohl trotz dem erkannt wurde, dass er Arbeit braucht, praktisch wohl vorerst keine bekommt...

Anonym hat gesagt…

Danke für diesen Bericht. Solche Seminare könnten die Jägervereinigungen vor Ort nach der bestandenen Jägerprüfung auch den Jungjägern aus dem eigenen Jagdkurs anbieten. Ich bin mir sicher das sich genügend Teilnehmer finden.

Anonym hat gesagt…

zu dem Beitrag von Anonym:
An Bobbys Grundausbildung wurde stetig weiter gearbeitet. Er geht inzwischen ohne Leine bei Fuß - auch unter Ablenkung (wenn auch nicht immer :o) aber wir arbeiten ständig an seinem Grundgehorsam. Z.Z. sind wir in einem Ausbildungskurs des Hegerings. Bobby bekommt also Arbeit, die stetig ausgebaut wird. Und das nächste Jungjägerseminar mit Stephan ist auch schon in Planung, dann gibts bestimmt eine Steigerungsstufe. :o)

zu dem Beitrag von Olg:
ich denke, dass es weniger an einem Teilnehmermangel scheitern wird, als leider an einem Lehrprinzenmangel. Das jedoch hätte ich mir von "meinem" Hegering gewünscht.

Anonym hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Pasche hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.