11.6.07

Der Begehungsschein (Teil 1 rechtlich)

Immer wieder werden Jungjäger mit der Frage konfrontiert, ob es sinnvoll erscheint, durch einen Begehungsschein eine Jagdmöglichkeit für ein Revier zu bekommen.
Im ersten Teil möchte ich diese Art der Jagdausübung mittels Begehungsschein rechtlich beleuchten und aufzeigen, was der Jungjäger beachten sollte, wenn er sich um einen Begehungsschein für ein Revier bewirbt.

Für den Jungjäger , der über ausreichende familiäre oder freundschaftliche Kontakte in Jägerkreisen verfügt, stellt sich die Frage des Erwerbs eines Begehungsscheines in der Regel nicht. Der Jungjäger hingegen, der keine Möglichkeit hat, in den Revieren des Vaters, des Onkels oder eines Freundes als Jungjäger zu jagen, ist darauf angewiesen, sich über das Angebot an Revierbeteiligungen in den Jagdmagazinen den Zugang zur Jagd zu verschaffen.

In diesem ersten Beitrag soll nur dargelegt werden, welche rechtlichen Dinge beim Erwerb zu beachten sind.


Wann wird aus dem entgeltlichen Begehungsschein eine Unterverpachtung?


Man unterscheidet zwischen den entgeltlichen und dem unentgeltlichen Begehungsschein.

Zu beachten gilt es aber beim entgeltlichen Begehungsschein, ob es sich beim Hegebeitrag lediglich um einen Kostenbeitrag handelt, oder ob es durch die Ausstellung des Begehungsscheins zu einer Unterverpachtung kommt, die oft durch den Verpächter, die Jagdgenossenschaft, explizit untersagt ist.

Es ist also vor dem Verhandeln über einen Begehungsschein mit dem Jagdpächter zu klären, ob und wenn ja, welche Einschränkungen die Jagdgenossenschaft in der Jagdverpachtung bezüglich der Unterverpachtung vorgenommen hat.
Ist eine Unterverpachtung untersagt, so ist darauf zu achten, den Begehungsschein deutlich von einer Unterverpachtung zu unterscheiden.
Die bisherige Rechtssprechung sah insbesondere dann das das Unterverpachtungsverbot verletzt, wenn der Begehungsscheininhaber durch das Recht der Aneignung des erlegten Wildes dem Pächter gleichgestellt ist.

Nicht jede entgeltliche Jagderlaubnis (entgeltlicher Begehungsschein) ist – selbst wenn sie so ausdrücklich bezeichnet wird – auch rechtlich eine solche. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen vielmehr auch als Unterpachtvertrag zu bewerten sein.

Der BGH (Bundesgerichtshofs vom 18.11.1999 – III ZR 168/98 (NJW-RR 2000, S. 717 ff) führt hierzu aus:

"Vereinbaren Jagdpächter und Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis, dass die Erlaubnisinhaber im Innenverhältnis zu den Jagdpächtern in Bezug auf die Wahrnehmung des Jagdausübungsrechts und der sonstigen Pächterrechte eine völlig gleichberechtigte Stellung innehaben, so ist diese Vertragsgestaltung einer Unterverpachtung gleich zu erachten".

Mit den Jagderlaubnisinhabern wurde also eine Vereinbarung dahingehend getroffen, wonach diesen eine in Bezug auf das Jagdausübungsrecht und die Wahrnehmung der sonstigen Pächterrechte in jeder Hinsicht gleichberechtigte Stellung eingeräumt worden ist. Dies machte die Erlaubnisscheininhaber faktisch zu Unterpächtern.

Eine Unterverpachtung war den Pächtern nach den Bestimmungen des Pachtvertrages jedoch untersagt , so dass ein Vertragsverstoss der Pächter vorlag.

Der Pachtvertrag enthielt jedoch keine Regelung zu der Frage, ob ein Verstoss hiergegen die sofortige fristlose Kündigung des Verpächters rechtfertige.

Zur Konsequenz der unberechtigten Unterverpachtung führte der BGH aus:

"Ist den Pächtern eine Unterverpachtung nicht gestattet und liegen die weiteren Voraussetzungen des § 553 BGB (insbesondere eine Abmahnung) vor, so kann der Verpächter den Jagdpachtvertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen"

Jagderlaubnis oder Unterpachtvertrag ?

Im Einzelfall kann die Abgrenzung schwierig sein, ob noch eine entgeltliche Jagderlaubnis oder schon ein Jagdunterpachtvertrag vorliegt.

In zwei älteren Entscheidungen hat sich bereits das OLG Celle mit dieser Abgrenzungsproblematik befasst:

Ein Vertrag über die Erteilung einer ständigen entgeltlichen Jagderlaubnis ist nicht schon deshalb als Jagdunterverpachtung zu werten, weil er Regelungen enthält, die auch bei einem Jagdpachtvertrag üblich sind (OLG Celle, Agrarrecht 1979, S. 347). Entscheidend ist vielmehr, ob die Vereinbarung über die Erteilung der entgeltlichen Jagderlaubnis eine Umgehung der Vorschriften des Jagdpachtrechts bewirkt. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegt insbesondere darin, dass dem Pächter im Rahmen des ihm in seiner Gesamtheit übertragenen Jagdausübungsrechts im Gegensatz zum Erlaubnisinhaber auch das Fruchtziehungsrecht, also die Aneignung und Verwertung der Jagdbeute, zusteht.

Bei einer generellen Übertragung dieses Aneignungsrechts auf den Erlaubnisinhaber wird dieser also faktisch zum Inhaber des Jagdrechts, also zum Pächter.

Soweit dem Erlaubnisinhaber also nicht bereits in der Erlaubnis die Aneignung des erlegten Wildes generell im voraus gestattet wird, liegt auch tatsächlich noch ein Begehungsschein, und nicht ein Unterpachtvertrag vor. Möglich bleibt daneben weiterhin die einzelfallbezogene Gestattung der Aneignung erst nach Erlegen des Wildes (im Wege des Verkaufs oder der Schenkung).

Das OLG Celle hat in einem weiteren Beschluss vom 29.11.1983 – 2 Ss (OWi) 203/83 (RdL 1984, S. 37 = NdsRpfl. 1984, S. 72 = JE Band IV, III Nr. 67) entschieden, dass dann, wenn sich der Begehungsscheininhaber aufgrund der Vereinbarung alles von ihm erlegte Wild aneignen darf, ein Unterpachtvertrag vorliegt. Weitere Argumente hierfür waren, dass die zwischen dem Begehungsscheininhaber und dem Jagdpächter getroffene Vereinbarung schriftlich niedergelegt war, dem Begehungscheininhaber sämtliche wesentlichen mit derAusübung des Jagdrechts in seiner Gesamtheit verbundenen Befugnisse eingeräumt waren und er darüber hinaus im Verhältnis zum Jagdpächter einen Teil des Jagdbezirks allein bejagen durfte.


Fazit der Rechtsanwälte Ralph Müller-Schallenberg und Markus H.-D. Knemeyer aus Leverkusen:

Bei Erteilung eines entgeltlichen Begehungsscheines sollte darauf geachtet werden, dass dem Erlaubnisinhaber nicht alle Rechte des Pächters eingeräumt werden, insbesondere nicht ein generelles Wildaneignungsrecht.

Ansonsten setzt sich der eine solch weitreichende Erlaubnis erteilende Jagdpächter dem Risiko einer fristlosen Kündigung, zumindest aber einer Abmahnung durch den Verpächter aus, wenn ihm die Unterverpachtung vertraglich untersagt ist

nachzulesen unter:

vgl. zum Thema auch v.Pückler, WuH 9/97, S. 62. ff


Der unentgeltliche Begehungsschein

Eine häufige Unsitte ist es von Seiten der Jagdpächter, gleich mehreren unbedarften Jungjägern für das Revier unentgeltliche Begehungsscheine anzustellen und beim Ausstellen ein Handgeld oder einen Hegebeitrag zu verlangen.
In mehreren Urteilen der letzten Jahre wurden diesem Treiben ein Ende gesetzt.

Das Landgericht in Düsseldorf (Urteil vom 19.05.2000, Az.: 22 S214/99) hat im Jahre 2000 entschieden, dass bei einer damaligen Zahlung eines "Hegebeitrages" in Höhe von DM 4.500,00 und Ausstellung eines "unentgeltlichen" Begehungsscheines tatsächlich ein gegenseitiger Vertrag über die Erteilung einer "entgeltlichen" Jagderlaubnis zu Stande gekommen sei. Daran ändere auch nichts, dass im Text der Jagderlaubnis diese ausdrücklich als "unentgeltlich" bezeichnet werde, denn die Beteiligten hätte ihre Leistung "Hegebeitrag gegen Jagdausübung" jeweils zur Erlangung der Gegenleistung zugesagt. Jedenfalls dann, wenn eine Jagdgelegenheit "gegen" einen Hegebeitrag angeboten werde, sei daraus eindeutig zu entnehmen, dass dieser als Gegenleistung für die Jagderlaubnis zu zahlen gewesen sei

hierzu; von Pückler, Wild und Hund 11/2003,S. 70 f.).



Fazit des Rechtsanwalt Ralph Müller-Schallenberg, Leverkusen:

Der "unentgeltliche" Begehungsschein sollte das sein und bleiben, was damit beabsichtigt ist: Die Einräumung einer Jagderlaubnis ohne jegliche finanzielle Forderung oder Verpflichtung, soweit es sich nicht um kleinere Gastgeschenke oder sonstige übliche geringfügige Mithilfe im Jagdrevier handelt.


Eine ausführliche Urteilssammlung mit Kommentaren zum Thema Begehungsschein findet man auf der Homepage der Rechtsanwälte Ralph Müller-Schallenberg und Markus H.-D. Knemeyer aus Leverkusen.

Auch wenn viele angebotenen Jagdbeteiligungen in Form von Begehungsscheinen verlockend klingen und man nach bestandener Jägerprüfung ungeduldig eine Jagdgelegenheit sucht, sollte sich jeder Jungjäger genau informieren, bevor er vom Angebot eines entgeltlichen Begehungsscheins Gebrauch macht.

Ein Revierpächter, der für die Ausstellung eines unentgeltlichen Begehungsscheins einen Hegebeitrag oder ein Handgeld verlangt und mehr fordert, als die gelegentliche Beteiligung an Revierarbeiten, kann als unseriös eingestuft werden.

Zum Thema "Der Begehungsschein (Teil 2 jagdlich) bitte hier klicken



waidmannsheil



Euer


stefan

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